Über Mutterschaft zur Abtreibungsbefürworterin
Zum Thema Abtreibung habe ich eine philosophisch-idealistische und eine pragmatisch-realistische Meinung.
Die philosophisch-idealistische Meinung stammt noch aus der Zeit, in der ich mich mit dem Thema das erste Mal tiefgehender befasst habe. Unweigerlich landete ich bei meiner Recherche auf jenen Webseiten, deren Ziel es ist einen davon zu überzeugen, dass Abtreibungen falsch seien. Die Bilder von abgetriebenen Embryonen (winzige, blutige Hände und Beine) haben bei mir ihre Wirkung nicht verfehlt. Es tat mir fast körperlich weh, sie zu sehen und darüber nachzudenken, was aus den kleinen Wesen, die schon wie winzige Babys aussahen, hätte werden können. Und es fühlte sich ungerecht an, dass dieses Kind kein Mitspracherecht hatte und über seinen Kopf hinweg entschieden wurde und es sich nicht wehren konnte.
Wann beginnt schützenswertes Leben, überlegte ich. Erst dann, wenn das Kind geboren wird? Wenn es außerhalb des Uterus lebensfähig ist? Wenn es einen Herzschlag hat oder wenigstens so aussieht, wie ein Baby und nicht wie ein unförmiges Etwas? Sollte der Stand der Entwicklung darüber entscheiden, inwieweit Leben als schützenswert anerkannt wird? Und welcher Entwicklungsstand muss erreicht werden? Und vor allem, wer bestimmt das? Sind das nicht alles willkürliche Abgrenzungen? Wann wird aus werdendem Leben seiendes Leben? Ich schlussfolgerte, dass Leben dann beginnt und somit schützenswert ist, sobald eine befruchtete Eizelle sich in der Gebärmutter eingenistet hat, denn danach gibt es einfach nicht den Moment, der aus einem Zellhaufen Leben macht. Die Überlebensfähigkeit außerhalb des Uterus ändert sich Dank Fortschritten in der Medizin ständig, der Herzschlag ist mal früher, mal später sichtbar, und darüber, wann ein Embryo aussieht, wie ein Baby besteht kaum Einigkeit.
Da das Beenden von Leben – jeglichen Lebens – falsch ist, mussten also Abtreibungen auch falsch sein. Leben ist schützenswert, egal wie klein es ist. Das stand also für mich fest. Die rein hypothetische Frage “Was wäre, wenn ich ungewollt schwanger würde…” beantwortete ich also mit “Dann würde ich das Kind bekommen!”. Abtreibung war ausgeschlossen. Weil ich aber kein Kind wollte, musste ich vorsorgen. Das bedeutete doppelte, bis dreifache Verhütung (Kupferspirale + Kondom, und falls das mit dem Kondom nicht perfekt geklappt hatte zur Sicherheit auch mal die Pille danach, obwohl ich ja eigentlich keine Hormone nehmen will). Es hat geklappt und ich bin bisher nie ungewollt schwanger geworden.
Und obwohl ich im Prinzip weiterhin die philosophisch-ethische Meinung vertrete ist an ihre Seite die pragmatisch-realistische getreten. Denn jetzt da ich zweifache Mutter bin, und verstehe, was es wirklich heißt schwanger zu sein, zu gebären und vor allem die Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, kann ich die Tragweite einer Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch viel besser begreifen. Die philosophisch-ethische Meinung ist schlicht zu eindimensional. Es ist ein viel komplexerer Sachverhalt. Der Schutz des ungeborenen Lebens ist ein wichtiger, aber nun einmal nur ein Aspekt unter vielen.
Ich weiß nicht, was gewesen wäre, wenn ich doch ungewollt schwanger geworden wäre. Das ist unmöglich zu sagen. Vielleicht hätte ich – wenn die Frage “was wäre, wenn…” nicht nur theoretisch geblieben, sondern ganz real geworden wäre, doch anders gedacht und mich für einen Abbruch entschieden. Wer weiß. Hätte ich das Kind bekommen, hätten mich meine Eltern aufgefangen, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber das Kind wäre größtenteils ohne Vater aufgewachsen. Und ich hätte mein Studium unterbrechen, oder vielleicht ganz abbrechen müssen. Ich bin froh, dass es nicht geschehen ist, denn ich konnte so eine persönliche Entwicklung erleben, die mich zu dem Menschen gemacht hat, der ich heute bin, und ich mag, wer ich geworden bin. Und ich habe jetzt ganz andere Voraussetzungen um Kinder groß zu ziehen. Auch wenn ich es damals irgendwie hinbekommen hätte, wäre ich meinem Kind nicht so eine gute Mutter gewesen, wie ich es jetzt meinen beiden Kindern sein kann. Der entscheidende Unterschied ist einfach, dass ich bereit war, als ich tatsächlich Mutter wurde, und das war ich in meinen Zwanzigern nicht.
Was Abtreibungsgegner vielleicht nicht verstehen, ist, dass man sich nicht in erster Linie gegen das Kind entscheidet, sondern gegen das Leben, das man führen würde, würde man das Kind austragen. Ich verstehe sie ja, wenn sie sich für das ungeborene Leben einsetzen, denn ich bin ja auch, bis zu einem gewissen Punkt, der Ansicht, dass es schützenswert ist. Und an sich ist die Haltung, Leben zu schützen, auch sehr löblich. Es wäre sogar schlimm, wenn uns das Beenden von Leben kalt ließe. Aber Abtreibungsgegner beschränken sich nur auf einen einzigen Aspekt, dem Leben des Ungeborenen. Dass Frauen, wenn sie nicht abtreiben, riskieren in die Armut abzurutschen, weil sie zum Beispiel ihre Ausbildung abbrechen müssen, oder weil sie nicht mehr arbeiten gehen können, oder in Teilzeit gehen müssen um sich um das Kind kümmern zu können und sich so erst ihr Einkommen und später die Rente vermindert, dass sie also nicht durch die Gesellschaft aufgefangen werden, das wird nicht thematisiert. Oder auch dass Frauen mit einem (weiteren) Kind überlastet wären. Oder dass der männliche Erzeuger droht, die Frau zu verlassen, wenn sie das Kind bekommt. Oder dass die Frau vielleicht schlicht keine Mutter sein möchte oder kann. Aber auch dass ein stark behindertes Kind, wenn es bis zur Geburt überlebt, vielleicht nur Qual und Elend erleben würde, bis es dann kurz nach der Geburt dennoch stirbt.
Abtreibungsgegner sind gegen die Abtreibung, um das Leben des ungeborenen Kindes zu schützen , aber denken sie jemals weiter und überlegen sich, was aus einem Kind würde, dass in eine Familie geboren wird, die es nicht haben wollte? Alle wollen das ungeborene Kind schützen, doch wer schützt und unterstützt es, wenn es einmal auf der Welt ist? Wenn Eltern das Kind nur bekommen, weil eine Abtreibung nicht möglich war, endet es im besten Fall damit, dass sie ihr Kind dennoch annehmen und lieben und ihr neues Leben akzeptieren können. Im schlimmsten Fall jedoch wächst das Kind unter katastrophalen Zuständen auf, bei Vater und/oder Mutter, die es nicht lieben und es als Hindernis, als Störfaktor wahrnehmen. Was das mit der Psyche eines Kindes macht, von jenen abgelehnt zu werden, die es doch eigentlich lieben sollten, ist mindestens genauso traurig, wie die Abtreibung selbst und vielleicht sogar schlimmer. Deswegen ist es wichtig, dass Frau und/oder Mann dann Kinder haben, wenn sie es selbst wollen und nicht aufgrund von Druck von außen. Und zwar zu einem Zeitpunkt, der für sie passt, mit einem Partner (wenn gewünscht), mit dem sie ein Kind haben möchten. Und wenn jemand überhaupt keine Kinder haben möchte, ist das auch völlig legitim.
In Deutschland sind Abtreibungen verboten. Sie bleiben jedoch straffrei, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Entweder, wenn die Abtreibung vor der 14. Schwangerschaftswoche von einem Arzt/einer Ärztin durchgeführt wird, und nur, wenn mindestens drei Tage zuvor eine Schwangerschaftskonfliktberatung wahrgenommen wurde und die Frau einen Schein als Beleg vorweisen kann, oder wenn eine medizinische (die Schwangerschaft gefährdet die physische oder psychische Gesundheit der Frau) beziehungsweise kriminologische (Vergewaltigung, Inzest) Indikation vorliegt. Dass Abtreibung immer noch unter Strafe steht und nur unter gewissen Voraussetzung straffrei bleibt, zeigt, dass jene die Gesetze machen, die entweder nie selbst (ungewollt) schwanger geworden sind (zum Beispiel, weil sie keinen Uterus haben), oder weil sie die Weitsicht nicht besitzen die Komplexität dieses Themas voll zu begreifen. Die Tatsache, dass ÄrztInnen keine Informationen über die bei ihnen angewandten Abbruchmethoden geben dürfen, zeigt, wie realitätsfern unsere Gesetze sind. Informationen fördern keine Abbrüche. Die Abbrüche gibt es bereits, Informationen helfen schlicht jenen Frauen, die sie benötigen. Das hat mit Werbung nichts zu tun. Keine Frau, die gewollt schwanger geworden ist, entschließt sich zu einem Abbruch, nur weil sie auf der Webseite eines Frauenarztes/einer Frauenärztin gelesen hat, dass jene/r diese durchführt und wie. Es wird Frauen nur zusätzlich erschwert die Informationen zu erhalten, die sie brauchen und daran muss sich schleunigst etwas ändern.
Schwangerschaftsabbrüche müssen legal werden und Beratung optional, damit Frauen, die sich zu einem Abbruch entscheiden, endlich offen darüber sprechen dürfen, statt dass sie mit Verurteilung rechnen müssen. Keine Frau trifft die Entscheidung zu einem Abbruch leichtfertig und es ist nicht der Abbruch selbst, der ihnen in der Regel zu schaffen macht, da sie gute Gründe haben, der einen Abbruch notwendig macht, sondern die Tabuisierung in unserer Gesellschaft, die sie zum Schweigen verdammt. So viele Frauen brechen ihre Schwangerschaften ab (etwa 100.000 pro Jahr in Deutschland, zumindest sind das die offiziellen Zahlen, es können viel mehr sein), aber hast du je eine offen über ihre Erfahrung sprechen hören? Frauen sollten nicht jede für sich alleine mit dem Abbruch zurecht kommen müssen. Es wird Zeit, dass wir endlich anerkennen, dass wir in keiner idealen Welt leben, in der es keine ungewollten Schwangerschaften oder kranke Feten gibt, und wir den Frauen, die eine Abtreibung haben durchführen lassen nicht mit Verurteilung begegnen, sondern mit Respekt und einem offenen Ohr. Auch sollte ihnen der Raum gegeben werden, um um ihr Kind trauern zu dürfen, denn auch wenn ein Abbruch aus vielerlei Gründen die richtige Entscheidung für die Frau ist, kann sie sehr wohl Trauer darüber empfinden, ihr Kind verloren zu haben.
Wird Frauen die Möglichkeit genommen eine Schwangerschaft beenden lassen zu können, werden sie in ihrer Not zu anderen Mitteln greifen, die ihr eigenes Leben gefährden. Das kann man leider in jenen Ländern beobachten, in denen Abtreibungen unter Strafe stehen. Abtreibungen zu verbieten heißt, Frauen in ihrer Not alleine zu lassen und die Augen vor der Realität zu verschließen. Statt sich also für eine Verschärfung der Abtreibungsgesetze einzusetzen, sollten Abtreibungsgegner an ganz anderen Punkten ansetzen. Abtreibungsgegner sollten ihre Energie darauf verwenden, dass Abtreibungen nicht mehr so häufig nötig werden. Zum Beispiel könnten sie sich dafür einsetzen, dass Verhütungsmittel allen Menschen kostenlos oder günstig zur Verfügung stehen und dass anständige Aufklärung über Sex und Verhütungsmethoden betrieben wird. Aber keine Verhütung (bis auf sexuelle Entsagung) ist zu 100% sicher und ungewollte Schwangerschaften ganz zu verhindern scheint mir ein Ding der Unmöglichkeit. Deswegen sollten sie zusätzlich ein Netz spannen, dass jene Frauen auffängt, die ihr Kind bekommen würden, wenn das Bekommen des Kindes sie nicht derart benachteiligen würde. Ich denke da an bessere finanzielle Unterstützung, die den Verlust durch Teilzeit und in der Rente ausgleichen würde, ich denke an ordentliche, flexible, günstige oder kostenlose Betreuungsplätze fürs Kind, ich denke an neue Strukturen, die es erlauben Ausbildung/Beruf und Eltern sein zu kombinieren. Die Mentalität unserer Gesellschaft muss sich dahingehend ändern, dass das Wohlergehen von Kindern in unser aller Interesse liegt, und die Fürsorge nicht allein auf den Schultern der Eltern zu liegen kommt. Gerade Eltern von Kindern mit Behinderungen werden oft allein gelassen. Dabei müssen gerade jene finanziell (Therapien, Medikamente, medizinische Apparatur, Betreuung), aber vor allem auch tatkräftig unterstützt werden, damit sie Zeit bekommen um Energie zu schöpfen und sich auch um eventuell bereits vorhandene Kinder kümmern zu können.
Wenn eine Frau schwanger wird und das Kind nicht bekommen möchte, aus welchen Gründen auch immer, dann muss das respektiert werden. Sie wird ihre Gründe haben und diese muss sie auch niemandem mitteilen, sie sollte sich nicht rechtfertigen müssen. Was mich an diesem Thema aufregt ist, dass sich manche Menschen anmaßen es besser zu wissen, als die betreffende Frau. Als könnte die Frau nicht sehr gut selbst entscheiden, was in ihrer Situation die richtige Entscheidung ist. Und dass Frauen zu einer Schwangerschaftskonfliktberatung gezwungen werden, bevor sie den Abbruch vornehmen dürfen, ist eine Bevormundung, die Frauen sich nicht mehr gefallen lassen dürfen! Es wird so nämlich suggeriert, dass Frauen erst eine Beratung brauchen, um zu einer qualifizierten Entscheidung zu gelangen. Zum Glück ist eine solche Beratung ergebnisoffen und eine Frau muss sich nicht rechtfertigen oder erklären, sie bekommt die Informationen, die sie braucht, zum Beispiel eine Liste mit Ärzten, die Abbrüche vornehmen. Jene Frauen, die unsicher sind, bekommen auf Wunsch auch Informationen über Alternativen. Ich finde es gut, dass es diese Beratung gibt, aber sie muss ein Angebot sein, keine Voraussetzung dafür, einen Abbruch vornehmen lassen zu dürfen. Ich glaube ja, würden Männer schwanger werden (und die Rollen wären deswegen nicht komplett vertauscht) würden wir diese Diskussion gar nicht führen! Entweder sind Frauen zu genügsam und lassen sich zu leicht zu viel gefallen, oder sie sind so daran gewöhnt bevormundet zu werden, dass es ihnen (uns) oft gar nicht mehr auffällt. Oder wir haben schon so viel zu tun mit der ganzen zusätzlichen, unbezahlten Arbeit, dass wir gar nicht die Zeit finden, unsere Rechte einzufordern, aber das ist ein anderes Thema.
Jene Männer, deren Partnerinnen abtreiben lassen, obwohl sie selbst das Kind gewollt hätten, haben mein aufrechtes Mitgefühl. Ich kann verstehen, dass jene es sehr unfair finden, den Abbruch nicht verhindern zu können und so ihr Kind zu verlieren. Aber ihnen muss klar sein, dass Frauen keine wandelnden Brutkästen sind. Adoption ist nicht immer eine Option, denn davor muss Frau die Schwangerschaft, Geburt und deren Folgen auf den Körper auf sich nehmen. Und das ist nicht nichts! Ich nenne hier nur mal ein paar der typischen Begleiterscheinungen, die Schwangerschaft und Geburt echt hart machen, manchmal sind diese schwächer, manchmal stärker ausgeprägt, das weiß man vorab nicht: Übelkeit und Erbrechen, extreme Müdigkeit, starke Einschränkungen in der Mobilität, Rückenschmerzen, Flüssigkeitsansammlungen in den Beinen und Fingern, Schlafstörungen, ständiger Harndrang, Schwangerschaftsdiabetis, ungeplanter Kaiserschnitt, Schmerzen, Schmerzen, Schmerzen, Damm – und Scheidenwandriss, völlige Erschöpfung, Inkontinenz, Aufweichung der Muskeln… Ach es gibt so viel. Und das hört mit der Geburt nicht auf, die Nachwirkungen spürt man noch über viele Monate oder sogar Jahre. Ich rate allen Männern, dass sie mit den Frauen, mit denen sie gedenken Sex zu haben, vorab über das Thema Abtreibung sprechen, und wenn sie mit der Haltung der Frau zu diesem Thema nicht einverstanden sind, oder nicht riskieren wollen, ein Kind durch Abtreibung zu verlieren, dass sie entweder keinen Sex haben oder verdammt viel Vorsorge treffen, keine Schwangerschaft zu verursachen (Das gleiche gilt übrigens auch für den umgekehrten Fall, wenn die Frau schwanger wird, das (behinderte) Kind aber sehr wohl behalten möchte!).
Egal, wer seine Meinung zu diesem Thema kundtut, ob es nun Befürworter oder Gegner sind, jedem muss klar sein, dass das, was sie sagen nur eine Meinung ist. Niemand darf sich erdreisten zu glauben, dass er eine Entscheidungsgewalt hat, denn die darf immer nur bei der Person liegen, die es betrifft. Nur sie weiß, was die richtige Entscheidung ist, egal ob für oder gegen den Abbruch, für oder gegen das Kind, für oder gegen das Leben, das sie führen würde.
Als ich mit meinen beiden Kindern schwanger war, habe ich keine Tests auf etwaige Behinderungen durchführen lassen. Ich war mir sicher, dass ich auch ein Kind mit Downsyndrom bekommen würde, schließlich wäre es mein Kind. Aber ich hatte mich auch nicht eingehender mit dem Downsyndrom befasst. Würde ich jetzt doch noch einmal schwanger werden und das Kind hätte das Downsyndrom, ich weiß nicht, ob ich, so wie in meinen beiden ersten Schwangerschaften so sicher wäre, es auf jeden Fall zu bekommen. Aber auch bei einem gesunden Kind wäre ich mir nicht sicher, denn ich möchte keine weiteren Kinder bekommen. Vielleicht würde ich beide Kinder, gesund oder behindert, bekommen, weil es nun einmal meine Kinder wären und ich glaube, dass mein Beschützerinstinkt ziemlich stark ausgeprägt ist, aber sicher bin ich mir nicht, denn alles ist nur Theorie. Solange ich nicht selbst mit einer Situation konfrontiert bin, werde ich niemals wissen, wie ich mich entscheide und wie sich meine Meinung zu einem Thema ändert. Ich würde mit meinem Partner sprechen, ich würde versuchen ein realistisches Bild davon zu machen, wie mein Leben aussehen würde, würden wir das Kind bekommen, ich würde mich fragen, ob ich es schaffen würde, könnte, und wollte. Wenn mir jetzt eine Person erzählte, dass sie ein Kind mit oder ohne Behinderung abgetrieben hätte, würde ich immerhin nicht die Neigung haben, ein Urteil zu fällen, sondern stattdessen darin vertrauen, dass sie unter Berücksichtigung aller Faktoren die bestmögliche Entscheidung getroffen hat.
Ich hoffe, dass Frauen, die sich zu einer Abtreibung entscheiden oder diese erwägen, dies bald nicht mehr verstecken und totschweigen müssen, und dass sie offen darüber sprechen können und Mitgefühl und Verständnis erfahren, statt Verurteilung. Wir müssen anerkennen, dass sie besser wissen, was es bedeuten würde (noch) ein Kind, oder dieses Kind, zu bekommen, und was es für ihr eigenes Leben bedeuten würde. Denn man darf nicht vergessen, dass es hier um zwei Leben geht: Das des Embryos und das der Frau. Und wenn zwischen zwei Leben entschieden werden muss, dann müssen mitunter harte Entscheidungen getroffen werden. Und die Entscheidung trifft die Frau, denn es ist nun einmal ihr Körper, ihr Leben, und dieses sollte eine Frau genauso wichtig nehmen (dürfen), wie das des ungeborenen Kindes.
Zum Schluss möchte ich auch jenen ÄrztInnen meinen Respekt zollen, die die Rechte der Frauen anerkennen, sie ernst nehmen und Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Es ist immer schöner Leben auf die Welt zu bringen, statt es beenden zu müssen, und davor dass diese ÄrztInnen erkennen, dass wir nun einmal nicht in einer idealen Welt leben, sondern realistisch-pragmatisch sind und einem Menschen in einer Notsituation helfen, statt ihn allein zu lassen, ziehe ich meinen Hut.