Was ist lucid dreaming?
Ein Klartraum ist ein Traum, in dem sich der Träumende davon bewusst ist, dass er sich in einem Traum befindet. Gegebenenfalls kann jener auch eine gewisse Kontrolle über den Traum ausüben.

Gibt es das wirklich, oder glauben manche Leute nur (zu unrecht), dass sie luzide waren?
Dieses Phänomen existiert. Es gibt viele Untersuchungen dazu. In einer der ersten Studien aus dem Jahr 1981 zum Beispiel wurden Teilnehmer gebeten, sobald sie klar träumten, eine vorab verabredete Bewegungsfolge mit ihren Augen auszuführen. Diese extremen nach-links und nach-rechts Bewegungen, mit der richtigen Abfolge, zeigten, dass sie nicht unwillkürlich ausgeführt wurden. Und EEG Messungen zeigten, dass die Personen wirklich noch immer schliefen.

Wer hat luzide Träume?
Anscheinend haben mehr Menschen Klarträume als man zunächst vermuten würde. Als ich mich mit dem Thema zu beschäftigen begann, und ich mich immer noch wunderte, ob es ein reales Phänomen sei, erzählten mir hier und da Freunde, dass sie schon welche gehabt hätten. Für sie war es ganz normal ab und an mal luzide zu sein im Traum. Etwa die Hälfte der Menschen soll zumindest einmal einen luziden Traum erlebt haben, und fast jeder Vierte erlebt sie häufiger. Menschen, die zu Albträumen neigen haben wohl öfter luzide Träume, und wer sich besser an seine Träume erinnert, kann sich auch eher an luzide Träume erinnern. Und jüngere Menschen haben eher luzide Träume als ältere.

Kann man lernen klar zu träumen?
Ja, das ist möglich. Unterschieden werden zwei Herangehensweisen: WILD (Wake induced lucid dreaming) und DILD (Dream induced lucid dreaming).

Beim WILD geht es darum, seinen Körper einschlafen zu lassen und seinen Bewusstsein wach zu halten und es so in den Traum zu überführen. Dazu legt man sich ganz still hin und widersteht der Versuchung, sich noch eben hier zu kratzen, oder sich doch noch einmal zu drehen, damit der Körper wirklich einschlafen kann und nicht immer wieder aus der Einschlafphase herausgerissen wird. Das wohl Schwierigste ist dann jedoch sein Bewusstsein wach zu halten, sobald die ersten Traumszenen auftauchen, und dabei nicht gänzlich aufzuwachen.

Bei DILD geht es darum, dass man im Traum getriggert wird, sodass man luzide wird. Es gibt verschiedene Methoden um die Chance auf einen DILD zu erhöhen.

  1. Führe ein Traumtagebuch. Das Führen eines Traumtagebuchs verbessert die Erinnerungsfähigkeit. Was bringt es, einen Klartraum zu haben, wenn man sich anschließend nicht an ihn erinnern kann?! Außerdem hilft es, sich intensiv und immer wieder mit seinen Träumen zu befassen, um die Chance auf einen Klartraum zu erhöhen. Durch das Führen eines Traumtagebuchs schlägt man also zwei Fliegen mit einer Klappe. Am Anfang kann es sein, dass du dich kaum an deine Träume erinnern kannst. Aber schreibe dennoch alles auf, jedes Detail, Farben, Gefühle, Gedanken, Gespräche, etc., auch der winzigste Fetzen Erinnerung. Das kann auch nur eine vage Ahnung sein. Je öfter du es machst, und je akribischer, desto schneller und besser wirst du zukünftige Träume erinnern können. Am besten legst du dir ein Heft und einen Stift neben dein Bett, und bevor du morgens aufstehst, versuchst du dich erst ganz auf die Träume zu konzentrieren und alles festzuhalten, an das du dich noch erinnern kannst. Plane dafür am besten extra Zeit ein in deiner Morgenroutine.
  2. Drehe dich morgens noch einmal um. Wenn du morgens, nach dem ersten Aufwachen, noch einmal einschläft, ist die Chance auf einen luziden Traum erhöht .
  3. Reality Checks. Teste tagsüber immer mal wieder, ob du dich vielleicht gerade in einem Traum befindest, oder doch noch in der Realität. Das mag dir am Anfang vielleicht seltsam erscheinen, schließlich “weißt” du ja, dass du dich in der Realität befindest (bist du dir sicher??), aber wenn du diese Checks tagsüber regelmäßig durchführst, erhöht sich die Chance, dass du sie auch mal im Traum durchführst, und wenn das geschieht, geschieht es nicht selten, dass du “erwachst”, denn dann passiert etwas, was eigentlich nicht gehen sollte. Was sind also reality checks?
  • Halte dir die Nase zu. Du kannst nicht weiteratmen? Im Traum wirst du es können.
  • Versuche deinen Zeigefinger durch die Handfläche der anderen Hand zu schieben? Klappt nicht? Du träumst wahrscheinlich gerade nicht.
  • Hüpfe ein paar mal und versuche zu fliegen. Das darfst du natürlich machen, wenn niemand da ist, aber das geht auch im Beisein von anderen. Du hast ja schließlich einen Grund dafür, warum du das tust. Wer weiß, ob du dich im Traum absondern kannst um diesen Check durchzuführen, also warum es nicht einfach wagen? 🙂 Befindest du dich im Traum kann es gut sein, dass du nun anfängst zu schweben.
  • Guck auf die Uhr. Eine digitale Uhr ist im Traum oft nicht gut zu lesen. Statt Zahlen sieht man nur etwas Verschwommenes oder sie ergeben keinen Sinn. Es kann aber auch sein, dass die Uhrzeit wohl zu lesen ist, dann guck kurz weg und wieder hin. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass du jetzt eine ganz andere Zeit abliest. Seltsam! Träume ich?
  • Schalte das Licht aus. Im Traum klappt das meistens nicht.
  • Schließe die Augen. Auch das klappt normalerweise im Traum nicht.

Um mich daran zu erinnern, diese checks auszuführen, habe ich mir oft ein T für Traum und ein R für Realität auf meine Handgelenke geschrieben. Immer wenn ich den einen oder anderen Buchstaben sah, habe ich einen der checks durchgeführt. Meistens habe ich mir kurz die Nase zugehalten oder versucht meine Handfläche zu durchbohren, das waren die unauffälligsten checks, die ich schnell mal eben durchführen konnte, auch im Beisein von anderen. Es gibt sicher noch andere checks, aber die oben aufgeführten haben sich bei mir alle schon einmal bewährt. Es kann auch sein, dass du im Traum deinen Finger nicht durch die Handfläche schieben kannst, aber wenn du eine Ahnung hast, dass es vielleicht doch ein Traum ist, probiere es einfach noch einmal oder stärker, nur um sicher zu gehen.

Pro
Das Schöne an luziden Träumen ist, dass sie so voll sind. Es geht nicht nur um das Sehen und Hören. Riechen, schmecken, fühlen, das alles ist möglich! Sie sind kein vager Abklatsch der Realität. Man kann den Wind auf der Haut spüren. Wenn man etwas isst, kann man es schmecken. Blumen duften. Gespräche ergeben Sinn. Es ist nicht abstrakt, es fühlt sich ziemlich real an. Aber aufpassen, dass man es nicht für die Realität hält, denn sonst verliert man die Luzidität und wird wieder zum unbewussten Betrachter.
Luzide Träume eignen sich hervorragend, um alles Mögliche auszuprobieren und zu erleben. Fliegen ist und bleibt mein all time favourite. Aber ist gibt auch nützliche Anwendungsgebiete.
Menschen, die unter Albträumen leiden, können mithilfe von Klarträumen Kontrolle über das Geschehen bekommen und angsteinflößende Personen oder Situationen einfach verändern oder verschwinden lassen. Eine Person mit gruseligem Gesicht verfolgt dich? Setz ihr eine Clownsnase auf, verändere ihre Fratze in einen süßen Welpenkopf oder was auch immer du willst, mache sie irgendwie lächerlich, klein, harmlos. Jemand will dich mit einem Messer verletzen? Was für ein Messer? Er hält doch Blumen in der Hand. Jemand hält dich fest? Ha, du hast Superkräfte, er kann dich gar nicht festhalten und hops, fliegst du schon davon.
Sportler nutzen Klarträume um Bewegungsabläufe im Traum zu wiederholen und zu trainieren. Und kreative Menschen können sich in ihren Klarträumen nach Herzenslust austoben und mit verschiedene Ideen jonglieren, oder sich Inspiration holen. Vielleicht hast du ganz andere Interessen, möchtest andere Dinge trainieren, andere Dinge erfahren, das kannst du alles in den luziden Träumen probieren.

Warum sollte ich es lernen luzide zu träumen?
Oben genannte Anwendungsgebiete und unbegrenzte Möglichkeiten reizen dich nicht? Okay, dann brauchst du dir die Mühe um es zu lernen natürlich nicht zu machen. Du kannst ein wunderschönes Leben führen ohne Klarträume. Aber vielleicht verpasst du so eine Menge Spaß!

Kontra
Es gibt mindestens einen weniger schönen Aspekt beim luziden Träumen, nämlich, dass es passieren kann, dass man wach wird, der Körper aber noch schläft. Das kann ziemlich grausig sein. Ich habe das einige Male erlebt. Meine Augen waren geöffnet, ich hatte aber keine Kontrolle über meinen Körper, weil die Schlafparalyse, die verhindert, dass wir uns während der Traumphasen bewegen und verletzen noch aktiv war. Beim ersten Mal hatte ich keine Ahnung, was gerade passierte und wurde ziemlich panisch. Ich sah die Matratze, das Nachtkästchen mit den verschiedenen Dingen, die darauf lagen, sah, dass es schon recht hell war im Raum, konnte aber absolut nichts tun. Das war echt schlimm. Ich habe dann irgendwann angefangen laut um Hilfe zu schreien. Mir kam natürlich niemand zu Hilfe, es hörte mich ja niemand. Ich hoffte einfach, dass ich so irgendwann aufwachen würde. Ich weiß noch, dass ich dachte, wie krass es war, dass mein Partner neben mir lag und völlig ahnungslos darüber war, was ich gerade durchmachte. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, dass ich so da lag und panisch schrie, aber irgendwann war es dann doch soweit, und ich konnte mich wieder bewegen. Ich musste mich dann erst einmal beruhigen. Die Male danach waren zwar auch nicht schön, aber da hatte ich dann schon nachgelesen und begriffen, was Sache war und konnte ruhiger abwarten bis mein gesamter Körper wieder wach war. Wenn du also auch luzides Träumen erlernen möchtest, ist es sicher sinnvoll vorab zu wissen, dass es passieren kann. Und auch wenn es sich mitunter ewiglang anfühlt, man muss wirklich einfach nur abwarten. (Es gibt auch Menschen, die dieses Phänomen erleben, ohne je luzide geträumt zu haben. Ich kenne es nur, seit ich auch luzide träumen kann)
Manchmal wird auch gesagt, dass man eventuell irgendwann nicht mehr zwischen luziden Träumen und der Realität unterscheiden kann. Bisher war es bei mir eher so, dass ich bei normalen Träumen manchmal nicht mehr wusste, ob sie Traum oder Wirklichkeit waren. Ich dachte lange Zeit, dass ich einmal sechs rote Katzen auf unserer Straße gesehen hatte. Irgendwann schien mir das jedoch äußerst unwahrscheinlich, weil ich nie wieder mehr als eine rote Katze gesehen habe, da hatte ich aber schon einer Nachbarin davon erzählt. 😀 Gerade bei luziden Träumen weiß man ja, dass es sich um Träume handelt. Die Verwechslungsgefahr würde ich daher sogar als geringer einschätzen, aber vielleicht ändert sich das, wenn man wirklich oft luzide träumt.

Meine persönlichen Erfahrungen

Ich weiß noch, dass ich am Anfang sehr skeptisch war und dachte, dass sich die Menschen wahrscheinlich nur einbilden, wirklich bewusst zu sein im Traum. Aber es hat mich fasziniert, also wollte ich es probieren. Schon nach kurzer Zeit wurden meine Erinnerungen an meine Träume dank des Traumtagebuchs so viel besser und ich war begeistert, wie unterhaltsam schon meine normalen Träume sein konnten (Keine Sorge, ich habe mal in einer Präsentation jemanden sagen hören, dass die eigenen Träume eigentlich nur für einen selbst interessant sind und eher weniger für alle anderen. Ich glaube das stimmt, also werde ich dich damit jetzt nicht langweilen). Als ich dann tatsächlich meinen ersten luziden Traum hatte, war ich völlig aus dem Häuschen! Schon im Traum selbst, als ich nicht nur meinen Finger durch die Hand, sondern auch meine Arme durch den Tisch schieben konnte, war ich ganz aufgeregt. (funny note, der Finger wollte erst nicht durch die Handfläche durch, mit genügend Druck bildete sich auf dem Handrücken dann aber doch eine Wulst und noch etwas mehr Anstrengung kam der Finger raus. Auch der Tisch war zunächst sehr massiv, aber da wusste ich schon, dass es klappen müsste, und es funktionierte). Ich bin dann als nächstes durch die geschlossene Tür in den Garten gelaufen um dort zu fliegen. Nach dem Aufwachen war ich hellauf begeistert und bin vielleicht sogar herumgehüpft. Aber dieses Hoch ließ im Laufe des Tages nach und Zweifel kamen zurück. War ich wirklich wirklich bewusst, oder habe ich auch das nur geträumt? War es real? Ich wusste es nicht, dabei hatte ich es am Morgen ganz sicher gewusst. Es bedurfte noch ein paar Erfahrungen, um alle Zweifel auszuräumen. Meistens hat mich das Nase zuhalten darauf gebracht, dass ich träumen musste. Manchmal wurde ich skeptisch und habe dann mit den reality checks meine Ahnung überprüft. Zum Beispiel war ich auf dem Weg zur Bushaltestelle und fragte mich, wo ich überhaupt hin wollte. Nase zuhalten, weiteratmen, fasziniert umblicken und die Gesichter in den vorbeifahrenden Autos bewundern, die zurück starren, als ob sie sich fragten, warum man so komisch guckt. Es hat eine Weile gedauert, luzide zu werden, aber je mehr ich mich mit dem Thema beschäftigte, desto besser gelang es. Wenn du dich also dafür interessierst, es auch mal zu versuchen, mach es! Und bleib dran, auch wenn du nicht schon nach einer Woche Erfolg verbuchst.

PS:
Ich weiß, zu einem ordentlichen Text gehören Referenzen. Vergib mir, dass ich aus Zeitmangel keine einfüge. Hier zwei Namen, die du mal googlen kannst, wenn es dich interessiert: Stephen P. La Berge, Daniel Erlacher. Klartraum oder lucid dreaming in die Suchmachine einzugeben wird dir Unmengen an Artikeln liefern. Es schadet nicht, sich da einmal durchzuwuseln, aber im Prinzip braucht man gar nicht so viel zu lesen um anfangen zu können. Traumtagebuch und regelmäßig durchgeführte reality checks sollten dich schnell zu deinem ersten (oder zu häufigeren) Klarträumen führen. Ich hoffe, mein kurzer Überblick weiter oben erweist sich als nützlich, wenn du es auch probieren möchtest. Guten Flug! 🙂